Frieden...
"Ach ich liebe diese Jahreszeit Xellsbeer." Sage ich zu meinem Xellsbeer und als ich zu ihm rüber schaue sehe ich, wie er die Augen geschlossen hat und die Nase in den Winterwind reckt, als wittere er seine nächste Beute.
"Frag mich mal. Das ist die Beste. Alles wird still und ruhig. Keine lästigen Fliegen mehr, keine Schnaken und wenn es morgen endlich zu schneien beginnt wird alles ganz still und dumpf. Dann werde ich mich in meine Xellsbeerblase zurück ziehen und endlich meinen Winterschlaf anfangen. Da freu ich mich drauf. Endlich Ruhe und Frieden....!" Damit macht er es wieder. Er schließt die Augen und atmet tief die frische Luft. Ganz tief bis zum Bauchnabel ein. Dann läßt er sie ganz langsam wieder aus sich heraus strömen und öffnet verträumt die Augen. Wieder mit diesem seelige Blick. "Solltest Du auch mal versuchen! Du schaust schon wieder so gestreßt aus mein Alter."
"Frieden - Ja das könnte ich echt brauchen. Ich habe gerade wirklich so eine Schmeissfliege, die mir tierisch auf die Nerven geht. Die mich die ganze Zeit piesackt und mir meinen Frieden stiehlt."
"Dann verscheuche sie doch!"
"Wenn das nur so einfach wäre... Sie weigert sich wehement und legt mir ständig Steine in den Weg und versucht mir das Leben schwer zu machen. Außerdem versucht sie mich aus meinem Haus zu vertreiben. Man könnte gerade meinen, es gäbe keine anderen Dinge um die sie sich kümmern müßte. Sie ist so voll Hass und Verbitterung, daß sie garnichts mehr anderes sieht."
"Oh je mein Bester, das ist bitter. Aber versuche es doch mal: Hol ganz tief Luft, halte sie ein wenig und laß dann mit der Ausatmung einfach alles los."
Ich schließe wie geheißen die Augen, hole tief Luft bis zum Bauchnabel, halte dann inne und lass alles fahren. Beim ersten Mal ist nicht viel dabei. Beim zweiten Mal fühle ich ein wenig Erleichterung und beim dritten Mal löst sich eine Verspannung im Rücken und es wird mir ganz leicht ums Herz. Nach dem vierten Atemzug habe ich auch alle Gedanken an diesen Plagegeist hinter mir gelassen und schnuppere, nun auch die Nase in den Wind gerichtet. Stille legt sich um uns und gerade als ich zum nächsten Luftholen ansetzen will fliegt mir eine Schneeflocke ins Nasenloch und ich verschlucke mich ganz furchtbar, muß nießen und husten gleichzeitig. Mein Xellsbeer schielt mit einem offenen Auge zu mir hinunter und meint:
"Das üben wir noch mal!"
Ich muß lachen und bekomme mich fast nicht mehr ein. Ich fands lustig. Wie gut es mir tut mal wieder so richtig aus vollem Herzen zu lachen. Schließlich fällt auch der Xellsbeer in mein Lachen ein.
Als wir uns wieder beruhigt haben rumple ich ihn ein wenig an und flüstere :" Danke!"
Er rempelt mich zurück und raunt: "Nicht dafür! Dafür bin ich doch da. Hast Du dir eigentlich schon mal überlegt wie viel dir dein Frieden wert ist?"
"Wie meinst du das?"
"Warum hälst Du denn so krampfhaft an diesem alten Schuppen da unten fest? Ich finde da warst du doch noch nie glücklich. Mäuseverseucht das ganze alte Graffel. Was hält dich denn da?"
Ich will ihm zum hundertsten mal meinen Zeremon herbeten, daß ich nie wieder auf einen grünen Zweig komme, wenn ich das aufgebe und wie günstig die Finanzierung ist... Bla...bla... bla....Meine Kinder....Bla bla bla... Als mir klar wird, daß es vielleicht doch einen anderen Weg geben kann. Ja! Was ist mir denn mein Frieden wert? Ein wenig mehr an Sicherheit? Ein wenig weniger Gewissheit? Ich fange an zu grübeln und laufe den Rest des Weges stumm neben meinem Xellsbeer her, der mir alle Zeit der Welt läßt und einfach da ist um zu verhindern, daß ich in Kuhfladen oder Pfützen trete.
Erst früh am nächsten Morgen habe ich eine Idee und kann endlich den Gedanken bei Seite legen, um friedlich ein zu schlafen. Als ich am nächsten Morgen aufwache habe ich eine Plan und wie ich feststelle, meinen Frieden gefunden. Aus der Mistfliege ist so eine kleine Erdmücke geworden die manchmal um ein und den selben Blumentopf hüpfen. Ich lasse mich nicht mehr von ihr stören. Soll sie dort glücklich werden oder auch nicht. Es ist mir einfach egal. So kann ich sie ausblenden oder noch besser: vergessen. Leb dein eigenes Leben.
Ich habe meinen Frieden.
Jetzt sehe ich wieder Licht und eine Chance für eine glückliche Zukunft. Endlich!
Da höre ich ein breites Grinsen meines Xellsbeers hinter mir. Ja - Sein Grinsen ist so laut, daß es mich in den Ohren kitzelt und ich kann garnicht anders als mit zu grinsen und meine gute Laune scheinen zu lassen. Ich falle dem Xellsbeer um den Hals und sage leise: "Danke, daß es dich gibt."
"Ich bin so stolz auf Dich. Was Du im letzten Jahr so aus dir gemacht hast ist ein Wunder. Du bist ein Wunder. Sei dankbar dafür!"
Und das bin ich. Jeden einzelnen Tag. Und wenn ich es mal vergesse ist da jemand, der es mir sagt. Mal mit einem kleinen Knuff- Mal mit einem Tritt. Aber immer liebevoll.
Sagt er zumindest.
Danke dir.