Montag, 18. April 2016

Oh wie schön ist meine Welt

Meine Welt passt mir wie angegossen. Nichts zwickt oder beißt, und wenn es doch einmal irgendwo niffelt, dauert es nicht lange und meine Welt bügelt jede Beule wieder aus. Sie ist warm, bunt und unheimlich bequem. Wenn es regnet, dann ist der Regen wunderbar warm. Ein Regen in dem man gerne spazieren geht. Den man sich ins Gesicht regnen läßt, weil es ein unglaublich schönes Gefühl ist, die weichen Regentropfen zu spüren, die den Staub und Schweiß der letzten Anstrengung wegspühlen und nur Wonne und Frieden zurück lassen. Einfach herrlich.
Das schöne an meiner Welt ist: sie paßt sich ganz meinen Bedürfnissen an. Was will man mehr. Will ich Ruhe habe ich meinen Lieblingsplatz auf der Waldlichtung mit dem warmen Stein, der vom vielen darauf sitzen, von meinem Hintern, ganz blank poliert, genau die richtige Rundung für selbigen hat. Hier erhole ich mich von meinem stressigen Leben und lasse mir nachmittags die Sonne auf den Bauch scheinen. Oder ist mir nach Gesellschaft so habe ich alle um mich, die ich gerne habe: Meine Familie, alte und neue Freunde gerade so wie ich es mir wünsche.
Für den Fall, daß mich mal was stört,wie der Lärm da drüben, habe ich einen Trick: Ich schließe die Augen und hole ganz tief Luft und plopp zerplatzt der Störenfried wie eine Seifenblase und schon herrscht wieder herrliche Ruhe. Oder die Wolke da oben die mir die Sonne versperrt - Augen zu, Luft holen und plopp Sonne komm und mach mich Neger. Oder die Fliege die mich die ganze Zeit schon nervt Augen zu - ach was da nehme ich natürlich die Hand und klatsch - Ruhe.
So wie neulich. Ich lag auf meinem Stein und dachte an nichts Böses als mir auffiel, daß irgend etwas nicht stimmte in meiner Welt. Ich machte mich auf den Weg um zu schauen was da nicht stimmte. Zuerst war mir garnicht bewusst was sich verändert hatte. Es sah alles aus wie immer doch fühlte es sich nicht mehr an wie immer. Und da sah ich es: ein Freund mit dem ich seit vielen Jahren immer wieder tolle Geschichten erlebt hatte, sah plötzlich so anders aus. Es war als flimmerte er und wellte sich an den Rändern. Er war seltsam verzerrt und als ich genauer hinsah merkte ich, daß sich unsere Freundschaftsfrequenz irgendwie verschoben hatte. Er sprach wie ein Freund, doch was er tat war nicht mehr freundschaftlich. Alles nur noch Lüge und Betrug. Daß er so gewellt aussah kam daher, daß ihn meine Welt schon abzustoßen begann. Er war auf einmal nicht mehr räumlich sonder eher wie eine Pappfigur, die zu naß geworden war und nun wie eine feuchte Tapete von der Wand zu gleiten schien. So leid es mir tat. Ich schloss meine Augen und holte tief Luft, und plopp zerplatzte die Freundschaft. Da wir sehr lange befreundet waren hinterließ dieses Plopp zunächst ein Loch in der Hülle meiner Welt und ich konnte diesen Freund noch eine Weile sehen, wie er sich jenseits meiner Welt verhielt, als gehöre er noch zu uns. Doch schon bald schloss sich das Loch und zurück blieb eine Narbe die bis heute schmerzt. Gestern kam ich zufällig wieder an der Stelle vorbei. Auf der Narbe wächst nun eine kleine Blume. Ich trat näher um sie mir genauer anzusehen und da musste ich ein wenig schmunzeln. Es war ein Vergissmeinnicht.