„Mensch Kumpel
was ist los?“ fragt mich mein Xellsbeer. Er legt mir die Hand auf die Schulter.
Seine schwere warme Hand, die mir immer wieder das Herz öffnet.
„Nichts.“ sage
ich und meine: mit mir ist gerade nichts los. ER versteht mich. Nicht wie alle
anderen, die zum normalen Tageschaos übergehen und irgendeinen belanglosen
Scheiß daherreden. Einfach damit die Leere gefüllt ist. Vielleicht auch um in
Kontakt zu kommen aber nicht um tiefgründige Gespräche zu führen. Danach wäre
mir.
„Warum?“
„Wir vergeuden
unsere Zeit“ sage ich ihm. „im Idealfall tun wir belanglose Dinge: Kaufen
etwas. Essen etwas. Reden etwas. Nur um die Leere in uns nicht spüren zu müssen.
Bloß nichts Tiefgründiges. Nichts was an der Blase kratzt, die alles einsperrt.
Wir glotzen stumpfsinnige Fernsehsendungen um zu sehen, wie wir sein sollen.
Machen laute Partys, damit wir nicht hören müssen, wie still es in uns ist. Wir
betrinken uns um die Angst zu betäuben. Wir verfolgen das Leben der anderen um
nicht sehen zu müssen wie trostlos das unsere ist.“
„Oh
Weltschmerz?“
„Nein, kein
Weltschmerz. Lebensschmerz! Ich habe ein Buch gelesen über ein altes Ehepaar,
daß, gefangen in Routinen sich aus den Augen verloren hat. Ihre Beziehung
basiert auf „…es war einmal..“ Im Jetzt lebt jeder sein eigenes kleines Leben
und wenn diese sich kreuzen splittert es. Erst die Hochzeit der Tochter bringt
sie zum Grübeln und schließlich dazu ihre Liebe zueinander wieder zu finden.
Doch gerade als sie das wieder entdecken stirbt einer von beiden. Welch eine
Dramatik. Sonst wäre es ja auch nur ein normales Buch über ein normales Leben.
Wer will das schon lesen. Aber es macht eben dramatisch klar, daß es irgendwann
zu spät ist, um sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren.
„Was ist denn
wichtig für Dich? Was willst Du denn?“
„Was jeder
will. Ich will geliebt werden und lieben. Mit Leidenschaft und echten Gefühlen.
Tiefgründige Gespräche und endlich mal wieder lachen. Gott wie ich lachen
vermisse. Bei mir ist gerade alles grau in grau und ein Bisschen Scheiße
dazwischen. Oder wenn ich nur mal wieder weinen könnte. Ich fühle mich so tot.“
„Hast Du denn
schon mal an deiner Blase gekratzt? Die scheint ja recht gespannt zu sein.
Vielleicht hilft das ja mal?“
„Ich trau mich
nicht.“ gebe ich kleinlaut zu und lasse den Kopf hängen. Und das stimmt Seit
Monaten geht es mir schlecht aber ich funktioniere. Ich fühle mich leer und
erschlagen, sinnentleert und ungeliebt. Ich habe keine Kraft um auch nur den
Stock zu halten mit dem ich diese Blase zum Platzen bringen könnte. Und ganz
ehrlich ich habe so eine scheiß Angst davor was dann passiert.
„Komm mal her“
sagt der Bär und nimmt mich in den Arm. „ich bin doch da.“ Ich lasse mich
fallen in sein flauschiges Fell rieche seinen wohlbekannten, wunderbären Duft
und fühle mich geborgen. Hier kann ich loslassen. Tränen rollen. Gott wie ich
das gebraucht habe. Keine Worte einfach fühlen. Und dann kommt er, der Schmerz.
Die Welle überrollt mich. Sie reißt mich davon in die Erinnerung an schlimme
Dinge. Alle fein säuberlich in Boxen gesperrt waren sie versteckt, verschlossen
und sicher verwahrt. Und doch haben Sie tatsächlich meine Seele eingekerkert,
in Ketten gelegt und von mir getrennt. Nun schießen sie endlich befreit auf
mich zu, fahren durch mich hindurch und tun mir weh. Schmerz durch dringt mich
in jeder einzelnen Zelle meines Herzens. Ein stechender, übler und unglaublich
drückender Schmerz. Ich möchte schreien doch es entfährt mich nur ein
Schluchzen. Ich heule aus tiefster Trauer. Mir laufen die Tränen übers Gesicht,
den Hals hinunter bis auf die Brust. Über dem Herz gibt es eine heftige
Reaktion. Wie giftige Säure brutzelt es auf der Haut. Ätzender Dampf steigt
auf. Die Haut schlägt Blasen, doch wo vorher Schmerz war ist nun geläuterte
Reinheit. Meine Tränen haben die Schmerzen aufgelöst, abgewaschen, ausgemerzt. Ich
fühle mich als hätte mir jemand meine Schale geknackt und nun stehe ich da wie
ein gebrochener Arm nach 6 Wochen Gips. Lummelich blass und kraftlos. Mir
schlackern die Knie. Als ich meine Augen wieder öffne ist alles schwarz. So wie
es vorher in mir aussah, schaut es nun um uns herum aus. Doch es gibt auch
Sterne die klar und hell am Himmel scheinen. Ein unheimlich schöner Anblick.
Ich richte mich im Schoß meines Xellsbeers auf und schaue mich um. Wie ein
kleines Kind auf Vaters Knien sitze ich bei ihm und genieße diese Geborgenheit.
Er nimmt mich wieder fest in den Arm und meint:
„ Schwere
Geburt.“
Auch ich umarme
Ihn und drücke ihn ganz fest. Doch eigentlich will ich nur noch näher bei ihm
sein.
„Danke, daß Du
bei mir warst.“
„Bin ich doch
immer kleiner“
Und tatsächlich
ist er riesig. Oder bin ich so klein? Egal. Ich habe überlebt. Das zählt.
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